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Auswechselkontingent

Auswechselkontingent
Runde Ecke - Ausgabe #113

Liebe Fußballexperten,

das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache („DWDS“) ist eine interessante und beliebte Quelle, um zu verstehen, wie und vor allem ab wann sich Begriffe und Wörter im deutschen Wortschatz „eingenistet“ oder im Laufe der Zeit verändert haben. Basis des DWDS-Wortprofils ist ein knapp 5 Mrd. Textwörter umfassendes Korpus aus überregionalen Tages- und Wochenzeitungen sowie Belletristik-, Gebrauchs- und Wissenschaftstexten. Auffällig ist dabei, dass das Wort Auswechselkontingent erst Mitte der 70er-Jahre wirklich in Zeitungen verwendet wurde und es bis heute in der Kategorie „eher selten“ zu finden ist.

Das liegt auch daran, dass Auswechselungen in der deutschen Eliteliga am Anfang nicht vorgesehen waren. Egal, ob verletzt oder einfach nur müde, die Spieler mussten durchspielen. Das änderte sich erst im fünften Jahr ihres Bestehens. Zunächst war nur ein Einwechselspieler erlaubt, aufgrund des großen Erfolgs nur eine Saison später dann schon zwei, dann lange Zeit drei - und mittlerweile sind es sogar fünf. Pandemiebedingt erlaubte der DFB ab 2020 die Einwechselung von zwei zusätzlichen Spielern, welche sich als sinnvoll erwies und daher verstetigte.

Heute werden im Durchschnitt auch diese fünf Einwechselungen genutzt - das Auswechselkontingent damit voll ausgeschöpft. Besonders gerne wird diese Option in der Nachspielzeit genutzt, um den Spielfluss des Gegners zu unterbrechen. Das Gegensätzliche brachte kürzlich Pep Guardiola zustande. Er ließ seine Startelf im CL-Spiel gegen Leipzig durchspielen. Statistisch ist dies ein sog. Phänomen und wurde sofort in allen Gazetten „breitgetreten“. Warum keine Wechsel, warum nicht einmal annähernd das Wechselkontingent ausgenutzt trotz passiver Spielweise? Nun ganz einfach für Pep Guardiola. Er sah keine Veranlassung, dies zu tun und antwortete darauf gewohnt pepiresk: „Ich bin der Trainer und ich habe mich dazu entschieden, es so zu machen. So einfach ist das“.

Im Übrigen wird das Wort „Auswechselkontingent“ in den Zeitungen meistens im Zusammenhang mit der Erschöpfung des Selbigen erwähnt. Also immer, wenn der Trainer keine Option mehr hat zu wechseln, aber eigentlich müsste aufgrund einer Verletzung, dann wird darüber berichtet und das Wort entsprechend verwendet. Die Wortbildung „pepiresk“ findet man nebenbei bemerkt dort noch nicht.

Für Pep alles top: Warum sollte man das Auswechselkontingent ausnutzen?

Das Auswechselkontingent wird von einigen Teams in der Liga konsequent genutzt, was sich auch an der Anzahl der eingesetzten Spieler ablesen lässt. Diese sog. Einsatz-Tabelle führt Schalke 04 mit 34 knapp gefolgt vom FC Augsburg mit 33 Spielern an. Schlusslicht ist hier der SV Werder Bremen mit nur 24 „gebrauchten“ Spielern. Ob es an dieser und ggf. auch der Wechselstrategie der Bremer im Spiel gegen Augsburg (nur 4 Bremer gegenüber 5 Augsburger Wechseln) gelegen haben könnte, dass Bremen trotz ordentlichem Spiel nichts Zählbares mitnehmen konnte, wäre eine interessante These. Beweisbar ist sie nicht. Nur eben, dass die Bremer Abwehr zweimal nicht aufmerksam genug war.

Ähnliches gilt für die Bochumer und Stuttgarter. In wenig ansehnlichen Partien bugsierte in Bochum der Heimtorwart Manuel Riemann den Ball einmal unglücklich selbstständig über die Linie. In Stuttgart wehrte man den Ball zu kurz ab, sodass der Abwehrspieler Matthijs de Ligt platziert aus dem Rückraum einschießen konnte. Die Hoffenheimer traf es noch „härter“. Wieder nichts Zählbares mitnehmen können. Dies führt zu einer kuriosen Tabellenkonstellation mit vier punktgleichen Mannschaften am Ende des Klassements. Nur das bessere Torkontingent hilft dem ein oder anderen Verein über der „Wasserkante“ zu bleiben. Hoffentlich ist die Ausschöpfung des Auswechselkontingents am Ende nicht entscheidend für den Verbleib in der Liga - zum Glück zählt sie zu mindestens wertungstechnisch nicht mit.

Bizarres Eigentor in Bochum: Torwart Riemann wollte die Gefahr im Gewühl bannen, bugsierte aber den Ball aus kurzer Distanz mit dem rechten Oberarm ins eigene Tor

Mit hervorragender Wechsel- oder besser Tippstrategie hielt sich Lars seine Verfolger vom Leib. Es ist schon erstaunlich, wie lange er jetzt schon wieder unser Klassementführender ist. In Summe sind es neuerlich 10 Spieltage. Und der Vorsprung wuchs dieses Wochenende auf sinnbildlich 10 Punkte an, auch dank einiger richtig getimter Tipps. Siggi dagegen hat anscheinend sein Tippkontingent noch nicht ausgeschöpft. Nach 23. Spieltagen steht der waschechte Schwabe im badischen Exil ohne Tipptagessieg da. Als kleiner Ansporn, es bleiben noch exakt neun solcher übrig, um diese Lücke zu schließen.

Die gezielte Ausschöpfung der Wechselmöglichkeiten wird auch kommenden Spieltag wieder eine entscheidende Rolle spielen. Vor allem im anstehenden Revierderby. In Gelsenkirchen treffen 2023 ungeschlagene Schalker auf von Sieg zu Sieg eilende Dortmunder. Der Kampfgeist beider Mannschaften hat sich gerade zum richtigen Zeitpunkt so entwickelt, dass sicherlich ein interessanter Fight entstehen dürfte. Ein solcher zieht aber gerne erschöpfungs- und oftmals auch verletzungsbedingte Auswechselungen nach sich. Ähnliches wird vom Baden-Derby wahrscheinlich nicht zu berichten sein. Die Machtverhältnisse im Badenland sind in dieser Saison zu eindeutig. Freiburg wird an diesem Spieltag sicherlich zu einer schweren Prüfung für die Hoffenheimer. Neben ein wenig Spielglück brauchen die Nord-Badener auch eine ausgeklügelten Wechselstrategie. Denn die namhaften dänischen Winterzugänge Caspar Dollberg und Thomas Delaney waren bis dato keine wirkliche Verstärkung - vielleicht sollten sie besser während des Spiels frisch von der Bank kommen.

Damit wünsche ich eine clevere Tippstrategie und viel Erfolg in der nächsten Runde!