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Runde Ecke - Ausgabe #16

Liebe Fußballstatistiker,

am Wochenende wurden wir Zeuge statistisch neuer Dimensionen, die in der Liga dargeboten wurden. Noch nie in 58 Jahren Bundesliga hat eine Mannschaft ein Auftaktspiel 8:0 gewonnen. Tore werden nun, bevorzugt in den Großvereinen, von 17-Jährigen geschossen (1mal Dortmund, 1mal Bayern) und der FC Augsburg konnte endlich einmal, in 10 Jahren Bundesligazugehörigkeit, sein Auftaktspiel deutlich gewinnen. Und das auch noch enorm effektive – 3 Chancen = 3 Treffer. Für Statistiker muss dies das reinste Freudenfest gewesen sein.

Die Statistik „ist die Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Informationen“ (Daten). Sie ist eine Möglichkeit, „eine systematische Verbindung zwischen Erfahrung (Empirie) und Theorie herzustellen“. Unter Statistik versteht man die Zusammenfassung bestimmter Methoden zur Analyse empirischer Daten. Ein alter Ausdruck für Statistik war Sammelforschung. Die Statistik wird als Hilfswissenschaft von allen empirischen Disziplinen und Naturwissenschaften verwendet, wie zum Beispiel der Medizin (Medizinische Statistik), der Psychologie (Psychometrie), der Politologie, der Soziologie, der Wirtschaftswissenschaft (Ökonometrie), der Biologie (Biometrie), der Chemie (Chemometrie) und der Physik. Jeder der leicht ergrauten Tippteilnehmer hat in seinen Konstanzer Zeiten die o.g. Sammelforschung angewendet.

Ich erinnere mich an Vorträge im Chemie-Hörsaal zur Verteidigung der eigenen Diplom-Arbeit oder auch an dozierende Diskussionen über psychometrische Verfahren, die mich heute noch verwirren würden. Wir Pol./Verw.-Wiss. waren damals oft schon eher wie reine Fußballstatistiker unterwegs. Wenn das Runde im Eckigen ist, dann zählt‘s! Oder frei nach Schnäppchen, wenn der Preis ein Schnäpple verheißt, warum noch lange überlegen.

Wen das Thema nun brennend interessiert, hier, wie immer, ein paar Hinweise zu tatsächlich praktizierenden Fußballstatistikern. Wie es einen Club für Fußballveteranen (in der Schweiz) gibt, so gibt es auch einen Verein für Fußballstatistiker. Der Verein ist in regionale „Gruppen“ aufgeteilt. Jeder Tipper kann, gemäß seinem aktuellen Wohnort, hier sein statistisches Wissen aus der Schul- oder Studienzeit sicherlich gerne einbringen. Das Ganze würde euch nur 4 Euro im Monat kosten (siehe oben, ein…):

Deutscher Sportclub für Fußballstatistiken: DSFS

Deutscher Sportclub für Fußballstatistiken: DSFS

Die Fußballstatistiker

Die DSFS’ler der Gruppe Süd

Der erste Spieltag

Neben den bereits o.g. Ergebnissen hat mich am meisten Arminia Bielefeld überrascht. Ein 1:1 in Frankfurt ist nach einer sehr kompakten Leistung aller Ehren wert. Ich hoffe nur nicht, dass Lars dies hat live mit ansehen müssen. Für ein erstes Pflichtspiel vor Ort, nach so langer Zeit, wäre es durchaus ein wenig armselig gewesen – aus Frankfurter Sicht. Imponiert hat mir besonders der Stuttgarter Klement. Mit Turban und hohem Einsatzwillen knapp am Ausgleich gescheitert. Aber wie Siggi schon voraussagte (wahrscheinlich basierend auf diagnostischen Analysen), sein VFB wird es dieses Jahr schwer haben. Er hat im Übrigen auf den SCF getippt. Was statistisch gesehen eine Quote von 9% bedeutet – denn nur Siggi hatte ein 1:2 im Sinn. Insgesamt gab es 4 Protagonisten, die genau das umgekehrte Ergebnis voraussagten für „ihren“ VFB. Dies bedeutet 46% aller Tipper (viermal 2:1 und einmal 2:0) haben für den VFB die Daumen gedrückt. Immerhin 36% trauten dem Schwabenexpress ein Unentschieden zu und nur 18% (inkl. Siggi) waren für die Breisgauer. Dabei war auch interessant festzustellen, dass aktuell im Breisgau beheimatete Experten nicht für die Rot-Schwarzen waren.

Schlussendlich erleben wir in der ersten Abschluss-Tabelle der Saison 2020/21 statistische Phänomene der Extraklasse. Schnäppchen, bisher eher ein Aspirant für die hinteren Tabellenplätze (basierend auf dem Erfahrungskoeffizienten einer Saison) mischt oben mit. Weniger statistisch überraschend ist, dass Andre ganz locker mit vorne liegt und allen zeigt, was feiner Spürsinn für einen Unterschied macht. Schlussendlich hat aber Joschka, unser Arterienzerstörer aus Ulm, vorbildlich die Statistik ausgetrickst und Platz 1 übernommen. Bleibt noch Martin zu erwähnen. Es dürfte ihm schwergefallen sein (bildhaft gesprochen) sich zu überwinden und in den Niederungen der Fußballtippkunst mitzuwirken. Und prompt hat es ihn „erwischt“ und er ist voll dabei. Nicht die Rote Laterne ist sein, sondern ein solider Mittelfeldplatz.

Das Ende der statistischen Auswertung bilden am Anfang Bernd und meine Wenigkeit. Ob wir beide direkt mentalen Beistand von Nöten haben, dass ist hier die Frage. Grundsätzlich in solchen Fällen empfehle ich sich vertrauensvoll an Herrn Klement (s.o/u.) oder Herrn Kamla (absoluter Erfahrungsspezialist) zu wenden. Mein ganzer Dank geht aber an alle Neuankömmlinge. Ihr seid einfach echte „Growth-Mindsets“ (frei nach Matthew Syed) und habt kurzerhand euren Schatten übersprungen. Dabeisein ist alles! Das Schicksal ist alles!

Vorbei ist vorbei!

Wie geht es weiter?

Eröffnen werden den Spieltag Hertha und Frankfurt. Sollte auch Hertha kompakt auftreten, dürfte Frankfurt ggf. wieder Schwierigkeiten bekommen. Nicht nur fußballstatistisch dagegen ist Schalke gegen Bremen direkt wieder ein Knüller. Mit zusammen 12 Gegentoren führen beide das Feld von hinten an. Des Weiteren hält Schalke an dem Trainer fest, der rein sammelforscherisch Topfavorit für die erste Trainerentlassung ist. Er darf immerhin in die zweite Runde gehen. In Augsburg wiederum haben wir dieses Jahr das Stadion ganz für uns (auch mit Zuschauern). In den Jahren zuvor war die Gelbe Welle aus Dortmund, mit ca. 30%iger Stadionauslastung, immer sehr präsent. Zu mindestens ein kleiner Vorteil, dank Corona. Ob sich dies auch ergebnistechnisch bemerkbar macht, wird man sehen. Die Bayern sind bei ihrem Ex-Trainer mit dem klangvollen Namen zu Gast. Dessen Einstand verlief durchaus positiv. Dank Dreifachtorschütze Kramaric. Auch dies ein statistischer Spitzenwert nach dem ersten Spieltag. Er führt nun zusammen mit Serge Gnabry die Torschützenliste an. Beide können in Sinsheim direkt weiter an ihren statistischen Werten arbeiten und sich gegenseitig die Bude „vollhauen“.

Im Übrigen, die Spitzenposition in besagter Statistik hatte am Ende einer Saison auch ein statistisch hochbegabter Bayern-Profi aus Bocholt zweimal inne (1989 und 1991). Zu mindestens zitiert ihn www.fussballdaten.de entsprechend.

Daher wünsche ich euch ein statistisch ausgewogenes Wochenende – und immer daran denken, der Mittelwert ist die statistische Mitte ohne Wert.


Euer Roland, „der (rein datentechnisch) Beständige“

Roland Wohlfarth: „Zwei Chancen, ein Tor: Das nenne ich hundertprozentige Chancenverwertung“