Runde Ecke - Ausgabe #40
Liebe Fußballkönige,
eine königliche Hoheit im Fußball wird nur der, der auch ordentlich Tore schießt. Der VfL Wolfsburg benötigte dazu zwar die freundliche Unterstützung des FC Schalke 04, konnte aber am Ende fünf zählbare Einschüsse vermelden. Sollte man dies als Grundlage nehmen, dann hätten die Wölfe durchaus Anspruch auf den Thron. Nur das wäre zu kurz gesprungen und spricht für die These von vergangener Woche, dass die Grünen noch Luft nach oben haben. Mit nun 43 geschossenen Toren liegen sie 31 Treffer hinter dem aktuellen Tabellenführer. Ihre Tordifferenz ist zwar nur um 17 schlechter als die der Münchner, aber Mannschaften wie Leipzig, Frankfurt, Dortmund und auch Stuttgart haben diese Saison schon häufiger getroffen.
König oder weiblich Königin ist die Amtsbezeichnung für den höchsten monarchischen Würdenträger in der Rangfolge eines souveränen Staates. Hierarchisch dem König übergeordnet ist nur der Kaiser wie im Falle der historischen Großreiche. Im Europa des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit war der König in der Regel höchster Souverän seines Landes: Oberhaupt der Regierung, oberster Richter und Gesetzgeber in einer Person. Darüber hinaus nahm er in manchen Staaten – beispielsweise in England – die Funktion eines geistlichen Oberhaupts wahr. In modernen Monarchien ist der König meist Staatsoberhaupt mit ausschließlich repräsentativen und zeremoniellen Aufgaben. Die Anrede eines Königs ist „Majestät“.
Seine Majestät Wolfgang Sidka, der frühere Bremer und 1860er Mittelfeldspieler, ist der mir einzig bekannte deutsche Torschützenkönig der kleinen Senioren-Weltmeisterschaft, auch Pelé-Cup genannt. Dies gelang ihm bei der entsprechenden WM in Brasilien im Februar 1989. Der Cup war ein Fußballturnier ehemaliger Weltmeisterländer („Veteranen-WM oder WM der Meister“) und wurde zwischen 1987 bis 1995 alle 2 Jahre ausgetragen. Einzige Bedingung war, dass die Spieler über 34 Jahre sein mussten. 1989 gewann, wie auch in drei weiteren Turnieren, die brasilianische Senioren-Nationalmannschaft um u.a. Pelé und Zico.
Diese „königliche“ Leistung, wie gesagt als Mittelfeldspieler, brachte ihm auf seine damals fußballerischen älteren Tage (35 Jahre) nochmals eine Anstellung als Libero beim Amateur-Oberligisten VfB Oldenburg ein. Im Oktober 1989 musste dann der Trainer gehen, sein Nachfolger als Spielertrainer: bereits erwähnter Torschützenkönig Wolfgang. Mit ihm legte der VfB eine sagenhafte Restsaison hin und schaffte den unerwarteten Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Das war aber noch nicht das Ende der Erfolgsgeschichte um den Spielertrainer. Als Manager kam im Sommer 1990 Rudi Assauer in die Fußballprovinz. Auch der ehemalige DDR-Nationalspieler Wolfgang „Maxe“ Steinbach, Spitzname „Maradona des Ostens“, konnte zum Provinzclub gelotst werden. Am Ende qualifizierte sich das Team in der Saison 1991/92 für die Aufstiegsrunde zur Fußball-Bundesliga mit dem sich immer wieder selbst ein- und auswechselnden Wolfgang Sidka. Am letzten Spieltag war tatsächlich noch der Aufstieg ins Fußball-Oberhaus drin.
Und dieser Spieltag wurde zum Krimi für die Oldenburger. Die Ausgangslage in der damals noch üblichen Aufstiegsrunde war, dass Uerdingen in St. Pauli verlieren musste und Oldenburg in Meppen unbedingt gewinnen. Und die Oldenburger erfüllten das geforderte Soll. Sie gewannen verdient mit 2:0. St. Pauli musste nur auch liefern und Uerdingen schlagen. Als in Meppen der Schlusspfiff ertönte und viele der 8000 Oldenburger auf das Spielfeld drängten, um ihre Mannschaft zu feiern, machte aber die Nachricht die Runde: Es ist beim 0:0 geblieben, Uerdingen stieg auf. Der VfB war knapp gescheitert, nur ein hauchdünnes Blatt Papier lag zwischen Oldenburg und der Bundesliga, aber letzten Endes war es undurchdringlich.
Heute dümpelt der VfB in der Regionalliga Nord - Staffel Süd ein wenig vor sich hin und ist klassentechnisch nur zwei Ligen vom Heesseler SV in Landesliga Hannover, Staffel Nord, entfernt (siehe Fußballtipper – Ausgabe #10). Ein Besuch in der ehemaligen „Hölle des Nordens“, so wurde wenigstens das alte Stadion Donnerschwee genannt, sollte man auf jeden Fall als Fußballsüchtiger immer in Erwägung ziehen. Fußball-Visionen und -Reisen beleben das Leben.
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Torschützenkönig
Robert Lewandowski wird auf jeden Fall auch diese Saison wieder die Torjägerkanone einfahren. Die Frage ist nur mit welcher Anzahl an Toren. Der Rekord von Bomber Gerd Müller ist noch nie so in Gefahr gewesen wie in dieser Saison. Der Torjäger der Bayern hätte gegen Bremen noch gefährlicher vorrücken können, aber das Aluminium hatte dieses Mal etwas dagegen. Schlussendlich reichte ein Tor, um Klaus Fischer auf Platz 2 der ewigen Torjägerliste einzuholen. Jonathan Schmid‘s Rekordspiel (er ist nun der Franzose mit den meisten Einsätzen in der Bundesliga) ging dagegen „in die Hosen“. Mainz konnte sich durch ein spätes Tor gegen kanariengelbe Freiburger drei Punkte sichern. Das bringt neuen Wirbel in den Abstiegskampf.
Wirbel im Tipptitelkampf gab es weniger. Unser Führungsduo konnte sich weiter absetzen. Der Abstand auf Platz 3 beträgt mittlerweile 13 Punkte. Michael profitierte dabei von seinem 6 Spieltagsieg. Das ist einsame Spitze in unserer Runde. Es trennen ihn aktuell nur 6 Punkte von Platz 1. Lars hat ebenso irgendwie einen Lauf und ist auf Platz 3 angekommen. Die letzten 3 Spieltage ging es für ihn nur nach oben. Jonas und Martin dagegen konnten in dieser Runde nicht ganz mithalten und blieben hinter den Erwartungen zurück (unter 10 Punkten), was den Gesamtpunkteschnitt etwas drückte. Erwähnenswert bleibt noch, dass Bernd nun auch die zweihunderter Punktemarke überdribbeln konnte. Willkommen im 200er Club!
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Dribbelkönig
Schaut man Spielern wie Younes oder Forsberg zu, wie z.B. vergangen Sonntag im Spitzenspiel, kann man einige gute Bewegungen und sogar Dribblings sehen. Aber weit davon entfernt, das Dribbeln als ihre Paradedisziplin betrachten zu können. Nach dem gerechten 1:1 gegen Frankfurt, muss Leipzig dieses Wochenende zu den „wiedererstarkten“ Bielefeldern auf die Alm. Um dort ein wenig Käse produzieren zu können, muss laut ihrem Trainer der letzte Pass in die sog. Box besser gespielt werden. In München wird sicherlich viel Käse angerührt im Süd-Derby zwischen den beiden Landeshauptstadtvereinen. Es könnte torreich zugehen. Beide Mannschaften stehen für Offensivpower diese Saison. Ob es für die Schwaben reichen wird etwas mitzunehmen, ist ein offenes Geheimnis. Auf jeden Fall könnte der VfB noch Leverkusen und auch Union Berlin im Kampf um die internationalen Plätze abfangen. Die einen spielen dabei als nächstes bei der stark angeschlagenen Konkurrenz aus der Hauptstadt, die anderen bei weiterhin erfolgreichen Frankfurtern. Für Leverkusen könnte der Auftritt bei den Hertharianern rein dribbeltechnisch, mit ihren spielstarken Außen, zu einem Wendepunkt werden.
Abschließen wollen wir die Vorschau auf das kommende Wochenende mit der Erwähnung eines großen Fußballers. Dieser wird gerne immer wieder außerhalb von Brasiliens vergessen, wenn es um Brasiliens Topspieler aller Zeiten geht. Seine Name war Garrincha, „the King of Dribble“ – der König des Dribblings. In Brasilien gilt er neben Pelé als bester Fußballer aller Zeiten und wird dort bis heute vergöttert.
Der Weltmeister von 1958 und 1962 hatte stets eine gewisse Schräglage. Aufgrund zweier krummer Beine. Das eine Bein war zudem noch sechs Zentimeter kürzer als das andere Bein. Dadurch schein es ständig so, als würde er gleich sein Gleichgewicht verlieren. Doch Garrincha fiel nie, oder erst dann, wenn die Gegner ihm mehrfach in die Beine getreten hatten.
Manuel Francisco dos Santos hatte in seinem kurzen Leben viele Namen bekommen. Garrincha, auf Deutsch „kleiner Vogel“, wurde er wegen der Leichtigkeit seines Spiels genannt. Wegen seiner Beine nannten sie ihn „Engel der krummen Beine“. Und als er berühmt wurde, wurde er der „Alegria de Povo“, die Freude des Volkes. Der Schriftsteller Nelson Rodrigues hat ihn in seinen Chroniken den „Charlie Chaplin des Fußballs“ genannt. Ungefähr so slapstickmäßig sieht es auch aus, wenn man sich den tanzenden Außenstürmer in den wenigen alten Filmaufnahmen anschaut, die es von Garrincha gibt.
Schlussendlich hatte er kein einfaches Leben. Im Laufe dieses sprach er mit Tieren, Frauen, Schnapsflaschen und dem Fußball. Zu seinen schweren körperlichen Schäden kam eine ausgeprägte Alkoholsucht hinzu. Schon mit 10 Jahren trank er Alkohol, um die Schmerzen in seinen Füßen besser ertragen zu können (er wurde mehrmals als Kind an diesen operiert, um überhaupt laufen zu können). Der immer zuvorkommende Dribbelkünstler und Frauenheld grüßte sogar Tiere auf der Straße immer freundlich. Im Alter von nur 49 verstarb er schlussendlich an einer Leberzirrhose.
Euch ein königliches Wochenende
Euer Tippkönig
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