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Runde Ecke - Ausgabe #45

Liebe Fußballgötter,

heute muss ich mich ein wenig wiederholen. Nicht für alle Tippmitglieder und -gemeinschaften, aber die o.g. Wortbildung hatte ich am allerallerersten Spieltag der Saison 2019/20 schon einmal verwendet. Dort aus einem ganz banalen Grund – nämlich simpel als göttliche Anrede für die illustre Reihe der Tippanfänger. Heute dagegen wollen wir es richtig krachen lassen und uns mit den echten Göttern unter den Fußballern beschäftigen.


Zunächst einmal zur Begriffsklärung. Ein Fußballgott (auch in der Schreibweise Fußball-Gott) ist ein im Sportjournalismus und Fußballjargon verwendeter Begriff mit zwei verschiedenen Bedeutungen: Zum einen die personenbezogene Verwendung, die sich auf einzelne Spieler, gelegentlich auch auf Trainer, bezieht, die nach Einschätzung durch Sportreporter oder das Publikum „Göttern gleich Fußball zu spielen“ vermöchten und denen auf dem Platz alles gelinge. In einer weiteren Bedeutungsebene steht die Bezeichnung – meist in emotionalisierter Ohnmachtssituation oder ironisch geäußert – für „eine höhere Fußballinstanz auf metaphysischer Ebene […], die insbesondere für ausgleichende Gerechtigkeit“ sorge oder – bei Anrufung vor einem Spiel – sorgen solle, dies aber nicht immer tue.


Das ist doch ganz einfach, oder? In München konnte man am Dienstag wieder einmal eine göttliche Eingebung bei einem Spieler erleben. Nach Müllers gehaltenen Schuss war Eric Maxim Choupo-Moting zu Stelle und jonglierte virtuos den Ball über die Linie, mit fast all seinen Köperteilen. Er scheint das Zeug zu einem Fußballgott zu haben. Das langte für die Bayern und nach der erneut bescheidenen Leistung der Leipziger sollte der „Kas gebissen“ sein. Gleiches gilt für die Schalker. Im Spiel zweier offensivschwacher Mannschaften, blieben die Königsblauen auf der Strecke und besiegelten faktisch ihren Abstieg. Hätten sie vorne nur mal einen echten Fußballgott in ihren Reihen gehabt.


Ein solcher, und auch noch ein äußerst beliebter, war sicherlich Alexander Meier, kurz Alex. Seine Karriere begann irgendwo in der tiefen Provinz auf dem flachen Land. Tiefstes Heideland. Der heutige A-Jugend-Co-Trainer begann seine Karriere beim TSV Buchholz in der Nordheide. Nach mehreren Stationen in Hamburg, u.a. beim berühmten Kiez-Club St. Pauli, landete er im Jahr 2004 in der Landeshauptstadt Hessens. Mit der Eintracht stieg er 2-mal in die Bundesliga auf und wurde 2018 sogar sensationell Pokalsieger (ohne Einsatz). Den schönsten Erfolg gönnte er sich aber in der Saison 2013/14 mit dem Gewinn der Torjägerkanone.


Seinen Beinamen „Fußballgott“ erwarb sich der oftmals giftige Schleicher schon davor, nämlich durch seinen zweiten Aufstieg mit den Frankfurtern im Jahr 2012. Damals schoss er die Mannschaft als Torschützenkönig aus der Liga 2 hoch. Ab dieser Zeit fingen die Anhänger an ihn zu einer Gottheit zu erheben. Dabei war der Schweiger alles andere als ein Edeltechniker und bei einer Größe von 1,96 Meter (Schuhgröße 45) nicht gerade sehr laufstark, aber enorm effizient.


Wenn man Alexander Meier charakterisieren möchte, dann war er am ehesten eine Art Anti-Ibrahimovic. Dort der extrovertierte, sich an sich berauschende Selbstdarsteller mit Allüren im Hunderter-Pack - und hier Meier, der niemals die Leistung eines anderen unter seiner einordnet hätte, sei es die eines jugendlichen Ersatzspielers, eines Physiotherapeuten oder Rasenpflegers. Ein echter Fußballgott eben!

Letzte Station Bundesliga (2) – Meier zurück am Millerntor 2019

Von Gott gewollt

Jeder Mensch ist von Gott gewollt – so steht es wenigstens in der Bibel. Ob es von Gott gewollt ist, eine komfortable Führung wieder herzugeben, das ist eine andere Frage. Am zweiten Spieltag dieser Woche schenkte Borussia Mönchengladbach eine 2:0 Führung gegen respektable aufspielende Hoffenheimer her. Ob es von Gott auch gewollt ist, dass der Videoschiedsrichter klare Fehlentscheidungen nicht zurücknimmt, das ist dann die nächste Frage. In Dortmund wurde der Borussia ein Elfmeter geschenkt, den Marco Reuss durch geschicktes Einfädeln so wollte. Auch wollte er das Tor und diente als fulminanter Prellbock und längte damit den verschossenen Elfmeter doch noch über die Linie. Schlimmer traf es sogar Bremen. Ein Torwartfehler auf Mainzer Seite wurde eine Behinderung durch einen Bremer angedichtet. Somit wurde ein reguläres Tor, welches den Ausgleich bedeutet hätte, zurückgenommen. Auffallend in beiden Situationen war, dass der Videorichter jeweils Gott spielte und der reguläre Schiedsrichter nicht mehr die Videobilder einsehen durfte. Sehr interessante Regelauslegungen!


Interessant bis spannend ging es auch im Papsttum der Fußballtippkunst zu. Seine Heiligkeit Bernd, der Schiedsrichter-Sympathisant und bekennende Tipp-Schlafmütze, hat klassisch wieder einmal Tag 1 verpasst. Sein Parteigänger und Tabellennachbar, Martin, war da etwas fixer und schloss die Tippreihen nach nur einem verpennten Spiel. Trotz dessen konnte er noch das drittbeste Spieltags-Ergebnis einfahren. Alle Achtung! Die Herren direkt vor ihm hatten sogar bei Vollanwesenheit da weniger Fortune. Immer wenn es ernst wird (u.a. Raphael wirklich näher zu kommen) versagen Schnäppchens Tippkünste, ein wenig. Bleibt noch die Spitze zu erwähnen. War dies die Vorentscheidung? 8 Punkte auf einen Streich. Damit liegt Andre jetzt exakt 10 Punkte hinter dem Führenden im Tipperfeld. Mit 17 Punkten legte dieser wieder einmal eine fast göttliche Runde hin und ich nehme ab jetzt gerne Wetten an, wer denn eurer Meinung nach nun die Tipprunde nach Hause schaukelt!

Ein Elfmeter der keiner war – Marco Reuss und die Einfädelnummer

Göttliche Fügung

Ob göttlich oder nur Fügung ist immer die entscheidende Frage. Aber in einer englischen Woche geht es direkt weiter. Freitag ist „next showtime – the games must go on“. Die zuletzt erfolglosen und teilweise unglücklich agierenden Augsburger empfangen die endlich einmal wieder erfolgreichen Kölner. Das ist ganz schwer zu prognostizieren. Beide spielen lieber gegen spielstarke Gegner, die sie auskontern können. Daher könnte es recht passiv (und langweilig) zugehen. Das Highlight des Wochenendes wird sicherlich das Spiel Wolfsburg gegen Dortmund. Wolfsburg konnte sehr überzeugend in Stuttgart gewinnen und Dortmund ist immerhin 3 Spiele ohne Niederlage. Sollte Dortmund wieder viel Glück haben und Leverkusen Frankfurt ärgern, dann könnte es sogar noch was werden mit einem CL-Platz für die kommende Saison. Aber wie gesagt, alles abhängig von der Fügung der ggf. teilweise göttlich herausgespielten Fußballereignisse.


Ja und zum Schluss kommen wir zum Gott der Götter im deutschen Fußball. Er war wahrscheinlich nicht der größte Filigrantechniker, den wir jemals in der Bundesliga oder in der deutschen Nationalmannschaft gesehen haben, aber er war immer einer, auf den man sich verlassen konnte. Meine Lieblingsszene mit ihm ist aus einem Spiel bei der EM in Jahr 2008. Gegen Portugal, mit Christiano Ronaldo, war Schweinsteiger-Time. Nach ca. 20 Minuten wird Lukas Podolski freigespielt, saust die linke Linie entlang und passt scharf in den Strafraum. Von hinten kommt im Eiltempo der damals noch wasserstoffblonde Basti angerauscht und drückt den Ball durch eine eingesprungen Grätsche mit Karacho über die Linie. Eine feine Co-Produktion der beiden Buddys und der Dosenöffner in diesem Spiel. Dank zweier weiterer Freistoßassists durch den „Gott“, im Übrigen auf die Köpfe von Klose und Ballack, gewann Deutschland sogar dieses Spiel.


Niemand muss ich erzählen, dass Bastian Schweinsteiger ein gewisses Bewegungstalent hatte. Bei ihm hieß es immer, wenn er nicht Fußballer geworden wäre, dann wäre er im Skisport sehr weit gekommen. Und beides sind bekanntlich meine Lieblingssportarten. Bleibt also schlussendlich noch das Finale in Rio zu nennen. Nicht der Cut unter dem Auge machte ihn zum WM-Helden. Nein, es war seine Spielintelligenz und seine Raffinesse, die ihn zum Ausnahmespieler machten. Der Rhythmus des Spiels, den zu bestimmen, das war seins. Und er bestimmte große Teile dieses Finales!


Und warum jetzt Fußballgott? Nun, ganz einfach, dank seiner Sympathiewerte und seines hohen Stellenwertes fing die Südkurve irgendwann ab 2012/13 an ihn Fußballgott zu rufen. Er war damit der legitime Nachfolger des „legendären“ Carsten Janker. Dies sagt alles! Wer im Übrigen mehr über ihn aus profunden Munde erfahren möchte, sollte bis September 2021 warten, dann soll ein biografischer Roman über Schweinsteiger von Bestsellerautor Martin Suter im Diogenes Verlag erscheinen.


Euch ein göttliches und sympathiereiches Wochenende


Euer Fußballgottvater

Ohne ihn wären wir 2014 nicht Weltmeister geworden…..