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Runde Ecke - Ausgabe #48

Liebe Fußballnomaden,

zum Abschluss der Saison brodelt wieder die Gerüchteküche. Wer spielt nächste Saison wo? Leihgeschäfte gehen zu Ende und neue werden angedacht. Klangvolle Namen werden wahrscheinlich die Liga verlassen. Andere, vielleicht weniger bekannte, dazustoßen. Einer der gehen wird ist der Baske Javier Martinez. Wahrlich kein Nomade, aber einer der letzten Mohikaner der spanischen Armada, die einst unter der Flagge der Rotweißen aus München segelten. Heute heuern nur noch französische Musketiere in München an, so hat es den Anschein.


Als Nomaden (altgr. νομάς nomás, „weidend“, „herumschweifend“) werden im engeren Sinn Menschen bezeichnet, die aus wirtschaftlichen Gründen eine nicht-sesshafte Lebensweise führen: Zumeist folgen ihre Wanderbewegungen immer wiederkehrenden Mustern, die vor allem aufgrund schwankender klimatischer Bedingungen notwendig werden (vergleichbar mit den Wanderungen von Wildtieren). Nur auf diese Weise kann der Lebensunterhalt (vor allem bei einigen traditionellen Wirtschaftsformen wie Hirtennomadismus oder Jagen und Sammeln) das ganze Jahr über gesichert werden.


Ein ausgewiesener Fußballnomade wurde im Laufe seiner Karriere Marko Marin. 2007 startete er in der 2. Bundesliga in Mönchengladbach seinen „Weg durch die Fußballwelt“. Direkt in dieser Saison konnte er mit einem Traumtor auf sich aufmerksam machen. In Prinzip, so wie er daherkam, wirkte Marko Marin weit eher wie ein schüchterner Pennäler als wie ein kühler Fußballprofi. Aber auf dem Platz wurde die sonst verlegen blickenden Augen des damals 18-Jährigen plötzlich sehr energisch. Dann "explodierte" seine wohl eher 165 Zentimeter Körperlänge förmlich. Und dann kam ein Schuss wie in der 69. Minute in Osnabrück, der das Pokalspiel zugunsten Borussia Mönchengladbachs entschied: mit schneller Drehung an der Strafraumgrenze zwei Gegenspieler genarrt, ein Schlenzer mit dem rechten Fuß, der den Ball zentimetergenau am rechten Torpfosten vorbei ins Netz beförderte. Klang damals verheißungsvoll.


Solche Torschuss-Künste brachten ihn dann auch in seinen jungen Fußballerjahren auf den Zettel einiger Großclubs. Von Mönchengladbach wechselte er 2009 nach Bremen und machte dort mit weiteren schönen Toren auf sich aufmerksam. Etwas überraschend kaufte dann der FC Chelsea im Jahr 2012 den damaligen Nationalspieler. Aber mit dem Umzug nach London begann erst richtig sein Fußballnomadentum. Denn in er Hauptstadt von Großbritannien konnte er sich nicht wirklich durchsetzen und wurde im Laufe der Jahre insgesamt 4-mal verliehen. Heute spielt der 33-Jährige in Saudi-Arabien. Auf seiner „Weltreise“ kam er bis dato auf in Summe 11 Vereinsstationen in 9 verschiedenen Ländern. Schlussendlich konnte er dabei immerhin zwei Meistertitel, einmal in Griechenland und einmal in Serbien, gewinnen. Am Ende bleibt aber die Frage, ist damit der Fußballnomadismus von Marko Marin schon zu Ende? Mit 33 Jahren hat man ggf. noch ein bis zwei Stationen im Köcher.

Reisende soll man nicht aufhalten – von Roter Stern nach al-Ahli in die Wüste und immer weiter?

Ligaverkehrt

Juhu, es ist geschafft. Nach 13. Minuten sah ganz Augsburg den Abstieg kommen. Doch alles kam anders. Dank eines Spielers mit dem Namen Groß konnte der FCA zum Schluss noch großartiges leisten und die 11. Saison im Oberhaus klar machen. Nicht beeindruckend, aber durchaus bemerkenswert. Bemerkenswert war auch eine vergebene Großchance von Robert Lewandowski. Da hat er das 41. Tor in dieser Saison auf dem Fuß, muss nur noch, quasi, den Ball über die Linie drücken und spielt dann einen unnachahmlichen Querschläger in die Arme des Freiburger Torwarts. Chapeau den Breisgauern – ein Unentschieden gegen den Meister. Gegebenenfalls wegen der Streichschen Aussagen zum Bomber Müller ("nicht vergleichbar"; siehe auch Fußballbomber), konnten seine Mannen den Sieg der Münchner verhindern. Schlussendlich aber nicht das 40igste Tor des Polen und damit die Einstellung des Uraltrekords. Des Weiteren konnte auch die Eintracht ihren Negativlauf nicht beenden. Wer hätte das gedacht, ausgerechnet auf Schalke so das Feld verlassen zu müssen, das kann nicht nur am Führungsvakuum liegen. Gleiches gilt für die Gladbacher….irgendwie haben die Trainer der jeweiligen Verlierermannschaft den berühmten roten Faden verloren.


Gleiches gilt für unsere Tippgemeinschaft. Ein unterirdischer Samstag mit Tippausfällen (wiederholt Chrissi) und Fehltipps une mass. Unser Führungsduo patzte, wahrscheinlich auf Grund der steigenden Nervosität, komplett und hatte keinen einzigen Tipppunkt vorzuweisen. Ähnlich dürftig sah es in den Rängen darunter aus. Einzig Raphael versuchte den Ausfall von Teilzeittipper Chrissi auszunutzen und sammelte schon einmal 8 Punkte auf Vorrat. Und dann kam der Sonntag. Erneut unglaublich sparsame Tipperfolge stellten aber trotzdem das Tableau gehörig auf den Kopf. Vor dem letzten Spieltag haben wir tatsächlich jeweils ein punktegleiches Pärchen auf Platz 1. + 2. und ebenso auf Platz 3. + 4.. Wer hätte das gedacht, nach 33 Spieltagen? Ich vermute einmal, so etwas gibt es selten! Das bedeutet ein völlig offenes Rennen für die letzte Runde. Erschwerend kommt hinzu, dass unter den letzten 4 der Fantastischen 11, die das Siegerpodest unter sich ausmachen, alle ähnliche Bonustrümpfe in der Hand halten. Damit bleibt mir nur ein vorletztes Schlusswort: Tippe niemals vor einer Saison auf den FCA als Abstiegskandidat – dies schließt jeglicher Fußballsachverstand aus!

Rani mit seinem letzten Tor für den FCA – nächste Saison zieht er weiter

Unhaltbar

Nun ist fast alles entschieden. Dortmund scheint nächste Saison in der CL zu spielen, zusammen mit Wolfsburg. Der Meister steht fest und die Mannschaft mit den meisten geschossenen Toren auch (welch Überraschung, das ist die gleiche Mannschaft). Nur im Abstiegskampf ist noch nichts entschieden. Es wird immer noch der direkte Mitabsteiger der Knappen gesucht. Ergo ist eine der drei verbleibenden Mannschaften im Rennen um diesen Titel unhaltbar in der Liga. Dabei geht in Bremen aktuell die größte Abstiegsangst um. Trainertausch und auf dem Papier das wohl schwierigste Spiel, hier gegen Gladbach. Denn die müssen auch unbedingt gewinnen, um nächstes Jahr wenigstens in der neu geschaffenen Conference League spielen zu können. Da klingt ein Spiel gegen Schalke schon fast wie ein Spaziergang. Aber halt, war da nicht was mit Frankfurt. Diese wiederum empfangen die Breisgauer, die die Saison locker ausklingen lassen können. Bielefeld dagegen sollte den direkten Wiederabstieg einkalkuliert haben, was die Angst vor diesem schmälern sollte. Verlieren aber alle drei involvierten Mannschaften, dann sind die Männer von der Alm ein weiteres Jahr erstklassig und dürfen sich „Könige von der Alm“ nennen!


Kommen wir zu guter Letzt zum König der Fußballnomaden. Lutz Pfannenstiel hat auf sechs Kontinenten bei 27 Klubs gespielt und dabei sagenhafte Abenteuer erlebt. Der „unhaltbare“ Torwart entschied sich früh gegen eine Karriere im immer gleichen Land und wurde so zum Weltenbummler. In seiner Karriere von 1991 bis 2010, die im bayrischen Wald begann, spielte er unter anderem für Wacker Burghausen oder Cham in Deutschland, aber auch für Mannschaften mit so klangvollen Namen wie Nottingham Forrest, Orlando Pirats oder eben auch Tampereen Pallo-Veikot. Ob Norden oder Süden, ob Westen oder Osten. Lutz war fast überall!

Manche Geschichten gehen beim ihm so: Bei einem Engagement in England musste er nach einem Zusammenprall drei Mal wieder belebt werden und in Brasilien während des Trainings in die Umkleidekabine fliehen, weil ein wildgewordener Affe auf dem Trainingsplatz aufgetaucht war. In Finnland musste eines seiner Ligaspiele unterbrochen werden, weil ein Moskitoschwarm ins Stadion eingefallen war. Als Pfannenstiel aus der Kabine kam, waren die Besucher längst nach Hause geflüchtet. Die zweite Halbzeit fand ohne einen einzigen Zuschauer statt. "Selbst in meiner Karriere war das ein Novum", ließ er sich in seinem Buch „Unhaltbar“ zitieren. Am Ende wurde er auch mehrmals verhaftet und eingesperrt. Heute arbeitet er als TV-Experte bevorzugt bei Weltmeisterschaften oder aktuell bei DAZN und erklärt den Fußball basierend auf seinen weitläufigen Erfahrungen – ob hilfreich oder nicht, müsst ihr selbst entscheiden (falls ihr DAZN schaut).


Euch ein spannendes Bundesligawochenende


Euer gedanklicher Fußballwandervogel

Einmal um die Welt mit Lutz Pfannenstiel – ein Niederbayer der die Welt eroberte