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Runde Ecke - Ausgabe #51

Fußball Unser

Liebe Fußballevangelisten*,

wer hätte das gedacht. Mainz schlägt Leipzig, Köln die Hertha und Bayern spielt nur Unentschieden gegen Gladbach. Da kann man noch so das Wohlstandsevangelium (Überzeugung, das Christentum und Kapitalismus quasi identisch seien) beschwören, am Ende stimmt doch der Satz: „Geld schießt keine Tore“.

Einer der berühmtesten Evangelisten im Fußball war wohl der brasilianische Fußballkünstler Kaká. Er trug auf jedem Schuh und auf dem T-Shirt unter dem Trikot die Aufschrift: „Ich gehöre Jesus”. Wenn Kaká spielte, verzauberte er alle im Stadion. Egal, ob in Brasilien, in Italien, in Spanien oder zuletzt in den USA. Spielerisch leicht und dennoch ungemein effektiv, dazu elegant, antrittsschnell und torgefährlich wie ein Stürmer – der Mittelfeldzauberer Kaká vereinte brasilianisches Geschick mit europäischen Tugenden.


Dabei hat alles so schwer angefangen: Mit 18 bricht er sich bei einem Schwimmbadunfall einen Halswirbel und entkommt nur knapp dem Rollstuhl. "Gott war bei mir in dieser schweren Zeit", sagte er einst, und Gott ist seitdem fester Bestandteil im Leben Kakás: Ein Bibelvers auf der Mailbox, die Mitgliedschaft in der umstrittenen brasilianischen Neupfingstler-Gemeinde "Renascer em Cristo" – "Wiedergeboren in Christus". Daher fühlt er sich speziell zur Evangelisation berufen. Grundsätzlich sind solche handelnden Personen offiziell von einer Kirche oder einem christlichen Werk als Evangelisten angestellt. Oder sie empfinden dies lediglich selbst als ihre besondere Berufung von Gott. So wie eben der ehemalige Fußballer Kaká.

Und dies war nicht seine einzige Berufung. Er sollte auch der letzte Brasilianer sein, der auf den Thron des Weltfußballers „berufen“ wurde. Im Jahr 2007 wurde Kaka FIFA World Player. Zu der Zeit wusste noch niemand, dass danach gähnende Langeweile auf diesem Stuhl einziehen würde. Denn ab 2008 folgte die lange Messinaldo-Ära. Zu verdanken hat er diesen Triumph dem Sieg mit seinen Rossoneri in der Champions League gegen den FC Liverpool.


Dazu benötigte er über die Jahre mehrere Anläufe. Beim ersten Versuch im Jahr 2004 wurde er auf tragische Weise nur Zweiter in diesem Wettbewerb. Wer erinnert sich nicht an dieses Finale. Mailand verlor nach einer 3:0-Führung gegen den gleichen Gegner aus Liverpool im Elfmeterschießen mit 5:6 (3:3 n.V.). Die damalige Wende im Spiel kam mit der Einwechselung eines eher nüchternen Fußballschlacks aus Bayern. Sein Name: Dieter Hamann. Alle Tore der Reds vielen in einem Zeitraum von 6 Minuten, die heute als die „6 Minuten des Wahnsinns“ in Erinnerung sind (Zitat: Carlos Ancelotti).

Halbzeit 1 ging mit 3:0 an Milan - Halbzeit 2 mit 0:3 an Liverpool

Elfangelium

Elf Freund müsst ihr sein. Zu mindestens 11 Akteure mit dem gleichen Ziel. Positiv beobachten konnte man dies bei den Spielern von Stuttgart und Dortmund. Wie aus einem Guss lief die Tormaschinerie. 5-mal trafen die Spieler beider Clubs und konnten sich somit direkt an der Tabellenspitze platzieren. Umgekehrter Weise galt das Elfangelium nicht für die Mannschaften aus Augsburg und Fürth. Zuviel zugelassen und kein Mittel gefunden zusammen- und dagegenzuhalten. Wie das funktioniert haben 10 Bochumer in Wolfsburg vorgemacht. Trotz Platzverweis und über 80 Minuten in Unterzahl nur mit 1:0 verloren. Alle Achtung – fast schon ein Evangelium an das man glauben kann.

Manch überschwänglicher Fan würde jetzt schon gerne die Saison beenden. Ein VfB-Sieg verleiht anscheinend Flügel. Besagter Edeltipper mit dem auffälligen Namen Schnäppchen konnte beim Höhenflug seines Traumvereins aber leider nicht mithalten. Mit mageren 6 Punkten muss er sich erst einmal hinten anstellen. Dafür hat er uns frisches „Tippblut“ an Land gezogen. Willkommen „Karlsruhe“ und natürlich auch „F7K“ aus dem Hause Kürner. Noch ist nichts entschieden und alles möglich. Selbst für Tippschlafmützen. Ein erstes Zeichen konnte Päpstevereiniger Raphael setzen. Erster Wochenend- und Tipprundensieg, erste Topplatzierung und gleich mal 3 Punkte Vorsprung. Ggf. kann Raphaello bereits die Hotels, Motels, Pensionen und Jugendherbergen in Augsburg vorbuchen. Soviel Vereinigungswillen spornt an und benötigt eine ordentliche Planung.

Robert Tesche stellt einen traurigen Rekord in Wolfsburg auf

Runde 2

Los geht’s am Wochenende in der „Red Bull Arena“ mit einer durchaus interessanten Partie. Die Bullen gegen die Roten. Der beflügelte Auftakttabellenführer Stuttgart (mit gutem Flügelspiel) gegen unglücklich gestartete Leipziger (ideenloses Aufbauspiel). Auf dem Papier, nach dieser Einführung, ein klarer Fall – aber selbst im Evangelium ist nicht jede Prophezeiung war geworden. Ähnliches gilt für die Partie Leverkusen gegen die Borussia aus Gladbach. Zwei Unentschieden-Könige, die nun zeigen müssen, ob sie mehr können als ein Remis. Leverkusen könnte sich dabei nochmals punktuell verstärken bis Ende August (siehe Andrich und Draxler). Gleiches brauchen die Bayern um gegen den sog. Baumgart-Fußball bestehen zu können. Denn gegen Mentalitätsfußball taten sich die hochbezahlten Stars von der Isar in den vergangenen Jahren immer schwer. "Mentale" Verstärkung trotz SuperCup Sieg kann da nur hilfreich sein.

Sanft entschlafen

Zum Schluss bleibt auch hier noch die kurze Verlautbarung: Es „müllert“ nicht mehr! Gerhard Müller, der erfolgreichste deutsche Torschütze aller Zeiten, ist entschlafen. An allen Ecken und Enden wurde ihm diese Woche gehuldigt. Nur so viel: Wer schon mal in seiner Heimatstadt Nördlingen war, welche im bayrischen Teil von Schwaben liegt, der versteht was „kleines dickes Müller“ wirklich für seine Heimat bedeutet hat.

R.I.P Gerd!

Euch ein fußballgläubiges Wochenende


Euer ewiger „Vizemeister“ Marcelo Bordon

*es gilt die geschlechterinklusive Sprache – der Einfachheit halber wird eine Form angezeigt, gemeint sind aber alle Geschlechter

Ob beim VfB oder auf Schalke – Jesus war immer an seiner Seite