Runde Ecke - Ausgabe #64
Backe, backe …..Plätzchen!
Liebe Fußballbäcker,
Weihnachtszeit ist Plätzchen- oder besser gesagt Gutsle-Zeit. Und vor allem letztgenannte backt man im Schwabenland. Aus eben diesem kommt der wohl bekannteste Bäcker in der Fußballwelt. Nicht weit von Stuttgart wurde 1964 Jürgen Klinsmann geboren, als Sohn eines Bäckermeisters. Auf Drängen der Eltern absolvierte er 1982 im familiären Betrieb seine Bäckerlehre. Doch er sollte größere Brötchen backen: Nach bestandener Lehrlingsprüfung startete er eine herausragende Fußballkarriere.
Erste Schritte in eben dieser machte er in Degerloch. Über den Toren von Stuttgart, damals noch in der 2. Bundesliga. In der Saison 1983/84 wurde man erstmals auf den blonden Engel aufmerksam. Er schloss mit gerade einmal 19 Jahren mit 19 Treffern die Saison ab. Einer der damaligen Trainer der Stuttgarter Kickers, Horst Buhtz, berichtete, dass sich Klinsmann während seiner Zeit bei den Blauen in einer Sommerpause zum Training in der Leichtathletikabteilung bei Horst Allmann angemeldet hätte, einem der damals besten Sprinttrainer in Deutschland. Klinsmann habe dadurch zum Trainingsauftakt der neuen Saison seine 100-Meter-Zeit von 11,7 auf 11,0 Sekunden verbessern können.
Diese Geschwindigkeit brachte er dann immer mehr auf den Platz. Nach seinem Wechsel 1984 zum Stadtrivalen VfB konnte er zwar nicht den damaligen Meister zur Titelverteidigung verhelfen, aber es wurden im Laufe der Jahre immerhin 79 Tore und ein Pokalfinale. Seine Zeit in Stuttgart krönte er in der Saison 1987 mit dem Bundesliga-Torjägerkanone und dem berühmten Tor des Monats in Klaus-Fischer-Manier gegen die Bayern aus München.
Trotz all dieses Erfolges galt er in seiner Zeit in Stuttgart immer als relativ bodenständiger Fußballprofi. Er fuhr Käfer, obwohl der Hauptsponsor mit dem Stern direkt um die Ecke saß. Er reiste viel und wohnte weiterhin im beschiedenen Geislingen an der Steige. Dies war nach eigener Aussage der einzige Ort, wo er sich einigermaßen zurückziehen konnte, wo er seine Ruhe kriegte. Lebte man damals in der entsprechenden Ecke (Geislingen ist 34 km, Göppingen nur 22 km von Wernau a. N. entfernt), konnte es schon mal sein, dass man Klinsmann in einer der „weltberühmten“ Discos im Stuttgarter Umland treffen konnte. Klinsmann irgendwie zu kennen und irgendwo zu treffen war ein gängiges Thema in den Tälern von Neckar und Fils – vor allem auch bei seinen durchaus zahlreichen weiblichen Fans.
Über den Rest seiner Karriere muss man dann nicht mehr viel verlieren. Der heute in den USA lebende einstige Strahlemann ist nach mehreren fragwürdigen Aktionen ein wenig aus dem Rampenlicht verschwunden. Bleiben werden viele Aktionen (man erinnere sich an seine Diver-Einlagen) die ihn zu einem der besonderen Fußballprofis gemacht hatten. Immerhin verhalf er damit auch der Bäckerei seiner Eltern zu sehr viel Aufmerksamkeit. Lange Jahre war die Bäckerei eine Pilgerstätte für Fußballfans aus aller Welt. Wer heute noch einen Bärentatzen aus dem Hause Klinsmann ergattern will, kommt leider zu spät. Im Jahr 2020 schloss nach 42 Jahren die Klinsmann-Bäckerei im Stuttgarter Stadtteil Botnang für immer ihre Pforten.
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Backen ist eine Kunst
Wie auch das Fußballspielen. Vielleicht deshalb konnten einige Teams sich schöne Siege zusammenbacken. Leverkusen ging dabei in ihrer eigenen Backstube schon fast in Serienproduktion über. 7 Tore ist wie Brezeln backen am Fließband. Insgesamt war es ein sehr produktiver Spieltag, an dem 34 Tore geschossen wurden. Nur Wolfsburg und Gladbach, die urplötzlich das Fußballspielen irgendwie verlernt zu haben scheinen, schafften kein Tor. Die Grünen mussten deren drei gegen Mainz und die Grün-Weißen sogar deren 6 Gegentreffer gegen furiose Freiburger hinnehmen. Auch Hoffenheim schaffte ebenso viele Tore wie Mainz und konnte damit Frankfurt bezwingen. Wer hätte das gedacht; Mainz, Union Berlin und auch Hoffenheim sind nun neben Freiburg ganz weit oben in der Tabelle vertreten. Noch vor Clubs wie Leipzig und die beiden Nulltore-Mannschaften. In Dortmund wiederum ging ein packendes und temporeiches Spiel um die Tabellenspitze am Samstagabend mit einem gewohnten Sieger zu Ende. Die Nebengeräusche und Aufgeregtheiten während und nach dem Spiel zeigten auf, wie intensive das Spiel geführt wurde.
Dagegen ist eine weniger intensive, aber dafür sehr ausgeglichene Tipprunde vollbracht. Der erreichte Maximalwert liegt dieses Mal bei fast schon „phänomenalen“ 11 Punkten. Dadurch resultieren kaum bis keine Veränderungen. Einzig André setzte seinen Höhenflug fort und ist damit schon auf Platz zwei angekommen. Und dies mit überschaubaren 8 Punkten und trotz des herausragenden Sieges seines aktuellen gegen seinen alten Heimatverein, den er so nicht auf dem Schirm hatte. Ähnliches vollbrachte Frank und konnte Siggi zum zweiten Mal überrunden. Schlussendlich teilten sich Finn und Michael mit den gerade erwähnten Maximalpunkten Platz 1, was keinen einen entscheidenden Vorteil einbrachte. Vielleicht sollten wir uns ab jetzt wirklich mehr auf das Weihnachtsplätzchenbacken konzentrieren. Bringt vermutlich daheim mehr (Sympathie-)Punkte ein.
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Backwelten
In der Welt des Backens gibt es Tausende von Ideen und Produkte rund um das süße Vergnügen. In der Welt der Fußball-Bundesliga gibt es wahrscheinlich nur Hunderte von Ideen und wenige, aber notwendige Produkte, um ein Spiel gewinnen zu können. Welche davon an den kommenden beiden Spieltagen angewendet werden, wird sich zeigen. In Baden treffen sich zum Wettbacken um die besten lokalen Brödli die Tabellennachbarn aus Freiburg und Hoffenheim. In Gladbach versuchen sich die Fohlen und die Bullen im Ausstechen und in Bochum kommt es zum gewohnten Revierderby zwischen Blau und Gelb. Nur das die Blauen dieses Mal kein „königsblau“ tragen. Die beiden Vertreter aus Hessen, wo man Gutz backt anstelle von Plätzchen, haben mit Leverkusen (daheim) und Bayern (auswärts) keine leichten Aufgaben vor der Brust.
Zwei Tage später wiederholt sich dann das Ganze nochmals – „Drei-Spiele-Woche“. Schwäbische Gutsle-Produzenten treffen dann auf bayrische Platzerl-Konsumenten. Der Südgipfel wird vor leeren Rängen und ggf. ohne Fallrückziehertor (siehe oben) ausgetragen. In den 80er-Jahren ein wahrer Schlager, heuer eher ein Aufeinandertreffen der immer wieder Schlingernden gegen die ewig Gewinnenden. In Köpenick wiederum empfängt ein wenig linker Hauptstadt-Flair die grüne badische Realo-Provinz. Ob eine gewisse politische Grundhaltung zu besseren Backergebnissen führt, wäre sicherlich einmal eine Untersuchung wert. Auf jeden Fall sollte der Backofen mit Grünstrom vorgeheizt und das Unioner Weihnachtslied angestimmt werden (siehe traditionelles Weihnachtssingen beim 1. FC Union Berlin). Dann wird es sicherlich ein wohlschmeckendes und besinnliches Fußballspiel werden.
Euch ein backreiches und vorweihnachtliches Wochenende
Euer „Bäcker“ Sebastian Jung
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