Runde Ecke - Ausgabe #65
Vergangenheitsoptimismus: Früher war alles besser!
Liebe Fußballnostalgiker,
die letzten Spieltage waren nicht unbedingt etwas für Fußballnostalgiker. Zum Glück steht aber Weihnachten vor der Tür, und traditionell ist Weihnachten voller Geschenke. Sei es die Anwesenheit der Liebsten, das Paket unter dem geschmückten Baum - oder eben ein ganzer Spieltag der Premier League. Im Mutterland des Fußballs gehört der sportliche Boxing Day zum Fest der Liebe dazu.
Die Anfänge der Tradition liegen mehr als 150 Jahre zurück. Denn die zwei ältesten Fußballvereine der Welt, FC Sheffield und FC Hallam, trugen ihr erstes Derby am 26. Dezember 1860 aus. Bevor der Weihnachtsfußball schließlich auch in die 1888 gegründete Football League aufgenommen wurde, startete der FC Everton einen Testversuch. Ganze drei Spiele bestritten die Toffees Weihnachten 1888. Alleine für das Showmatch gegen Ulster kamen satte 2000 Zuschauer – für die damaligen Anfänge eine ganze Menge.
Fußball an Weihnachten fand Anklang bei der Bevölkerung und wurde fortan im Spielplan festgeschrieben. Die Liga beschenkte die Fans mit Spitzensport an den Feiertagen - damals sogar noch am Christmas Day, also dem 25. Dezember. Neben den Fans zog es auch Zuschauer, die sonst eigentlich wenig mit Fußball am Hut hatten, in die Stadien. Der englische "Guardian" beschrieb die neue Folklore als "Bestandteil des Nationalcharakters - diese triefäugige, feierliche Wanderung, die Wesenseigenschaft eines umherziehenden, fröstelnden Volks, das es zu feuchten, unergiebigen Wallfahrten zieht."
In der Tat ist der Vergleich mit Wallfahrten nicht weit hergeholt. Denn der Kult um den Weihnachtsfußball erreichte 1949 seinen zwischenzeitlichen Höhepunkt. Knapp dreieinhalb Millionen Zuschauer sollen damals die drei Spielrunden der Football League an nur vier Tagen besucht haben – gemeinsames Singen von Weihnachtsliedern und Weihnachtsessen auf den Tribünen eingeschlossen.
Doch nach und nach speckten die Verantwortlichen das proppenvolle Fußballprogramm an den Feiertagen ab. 1965 wurde das letzte Spiel am ersten Weihnachtsfeiertag ausgetragen – Blackpool schlug Blackburn 4:2. Seitdem beschenken die englischen Ligen ihre Fans nur noch am zweiten Weihnachtsfeiertag, dem sogenannten Boxing Day. Der erhielt seinen Namen aus der alten Tradition heraus, dass die reichen Briten ihre Bediensteten oder anderweitig Bedürftige an jenem Tag stets mit einer "Christmas Box", einem kleinen Paket, beschenkten.
Den großartigsten Boxing Day erlebten zumindest die neutralen Zuschauer und Fans der Siegerteams wohl schon im Jahr 1963. Damals fielen unglaubliche 66 Tore in zehn Spielen der First Division. Den größten Anteil daran hatte Fulham mit seinem 10:1-Sieg gegen Ipswich Town. Graham Leggat erzielte den jahrelang schnellsten Hattrick der Liga-Geschichte. Drei Tore innerhalb von nur dreieinhalb Minuten – ein Weihnachtswunder! Dieser Rekord wurde erst vor wenigen Jahren geknackt. Sadio Mané traf 2015 im Trikot des FC Southampton drei Mal binnen 2:56 Minuten gegen Aston Villa.
Am Boxing Day des nun ausklingenden Jahres wird dieser Tore-Rekord aber wohl nicht fallen. Aber wer weiß? Vielleicht schnüren der FC Liverpool, Manchester United, Chelsea und Co. wieder einmal große Torpakete, um die Fans zu Weihnachten reichlich zu beschenken.
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Retrospektion
Zurückschauend sind zwei Spieltage eine Menge zum Aufarbeiten. Gladbach und Wolfsburg kriseln weiter brutal. Bei die Gladbacher Fans hilft fast schon nur noch Galgenhumor oder der wiederholte nostalgische Blick in die glorreichen 70er-Jahre. Aktuell ist die Borussia von diesen und von auch einigermaßen anderen erfolgreichen Zeiten weit entfernt. Aber auch die Wölfe heulen nur noch auf eine andere, eher wehklagende Art und Weise. Mit jeweils der gleichen Heimniederlage (2:3) am letzten Spieltag und sogar in Summe zwei Niederlagen aus der englischen Woche, geht es eindeutig Richtung Keller für die beiden ambitionierten Mannschaften. Was interessiert dies Hoffenheim? Gar nicht. Sie sind nach dem Unentschieden in Leverkusen weiter auf Champions League Kurs und die neue Macht im Ländle. Oder auch, was interessiert dies Freiburg? Noch weniger. Aber Leipzig könnte es interessieren. Nach dem Unentschieden in Augsburg läuft es für die früheren Himmelsstürmer immer noch nicht rund.
Rückblickend auf die erste Hälfte der Tippsaison gibt es nur eines festzuhalten, nämlich die absolute Gewissheit, dass nichts gewiss ist. Die Spitze ist sehr eng beieinander sowie auch die sog. Hinterbänkler. Aus diesen Bankreihen hat Schnäppchen sein erstes vorweihnachtliches Zeichen gesetzt. Der 15. Spieltag war seiner! Mit nostalgischer Brille kann man dabei festhalten, dass der BP-Chatmeister jede Tippsaison einmal ganz oben auf dem Treppchen stand. Dieses Runde sogar etwas früher als gewohnt. Wünschen wir ihm weiterhin ein glückliches Händchen. Ein solches hatte am 16. Spieltag wieder einmal Michael und ebenso Jonas. Damit hat Herr Rubas die meisten Tipprunden gewonnen, bis dato, und Herr Kürner sen. sich wieder die Tabellenführung geholt. Für André wiederum kam der vergangene Spieltag zu früh. Nach der Übernahme der Gesamtführung mit bescheidenen 7 Punkten am Wochenende verpasste er die Chance nachzulegen und stieg zu spät ins Tippgeschehen ein. Dies bedeutete satte drei Ränge nach unten. Murphys Law würde ich sagen, – das wird schon wieder und ist ein ausgezeichneter Beweis für die Kompaktheit des Tippfeldes!
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Der letzte Spieltag des Jahres 2021
Mit insgesamt 37 Spieltagen verteilt über zwei Saisons geht ein langes Bundesligajahr zu Ende. Die Bayern sind wieder einmal Herbstmeister – no suprise. Die letzte winterliche 2021 Runde steht an mit durchaus interessanten Partien. Fangen wir einmal spieltagstechnisch von hinten an. Die wechselhaften Schwaben versuchen sich zum Abschluss am Kölner Rheinufer. Machen sie es wie ihre schwäbischen Kollegen aus Bayern vor gut zwei Wochen, dann dürfte es schwer werden für die Geißböcke. Aber die lassen sich sicherlich nicht zweimal düpieren. In Mitteldeutschland kommt es zum sog. Hessenduell. Sehr erfolgreiche Mainzer treffen auf wieder erfolgreiche Frankfurter im Waldstadion. Diese Partie könnte torreich werden. Schließen wir unsere Vorausschau mit einem Blick nach Franken. Nach ihrem Ersten Sieg in dieser Saison und der erwarteten Niederlage gegen Dortmund trifft das Fürther Kleeblatt auf die Augsburger Zirbelnuss. Für beide Mannschaften könnte dies eine sehr entscheidende Partie werden. Der Gewinner geht sicherlich sehr viel euphorisierter in den anstehenden Weihnachtsurlaub.
Euch einen schönen und fußballnostalgischen Weihnachtsurlaub
Euer Weihnachtswunderstürmer Graham Leggat
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