Runde Ecke - Ausgabe #76
Mokiera - eines der wenigen Worte, bei denen der Schwabe ein „k“ spricht
Liebe Fußballbruddler,
am vorletzten Wochenende habe ich gelernt, dass der Sitzblock neben der berüchtigten Cannstatter Kurve der sog. Bruddler-Block ist. “Bruddeln” ist ja bekanntlich ein schwäbisches Wort, das dafürsteht, wenn jemand leise und kaum hörbar vor sich selbst seinen Unmut kundtut, sich beschwert oder schimpft. Dabei ist “Bruddeln” kein Nörgeln. “Bruddeln” dient dazu, den eigenen Ärger zu artikulieren, jedoch nicht, um andere darüber zu informieren, sondern nur um diesen für sich selbst auszusprechen. Die Äußerungen sind an niemanden gerichtet. Deswegen muss etwas Gebruddeltes für andere akustisch nicht verständlich sein.
Die Kraftausdrücke, die aber in diesem sog. „Bruddlerblock“ fallen, ob gegen den Gegner, die eigene Mannschaft, den eigenen Trainer oder am liebsten gegen den Schiedsrichter sind durchaus laut und deutlich vernehmbar. Eines der beliebtesten Schimpfworte ist dabei der sog. Halbdaggel. Der ist neben dem „Allmachtsdaggl“, dem „Saudaggl“, dem „Jenseidsdaggl“ oder dem „Volldaggl“ die am häufigsten gebrauchte Variante (natürlich neben dem allgegenwärtigen "Seggl"). Der „Halbdaggl“ ist einer, bei dem es nicht einmal zum Daggl gereicht hat.
Ein solcher Halbdaggl war in vielen Spielen für seinen VfB sicherlich auch Guido „Diego“ Buchwald. Der frühere Mittelfeldackerer war je nach Stand der Dinge einmal der Held (siehe, auch seinen Spitznamen Diego) oder eben der „daggelnde Seggl“ in der Abwehr, im Mittelfeld oder im Aufsichtsrat. Der in Berlin geborene Buchwald spielte immerhin 325-mal für „die Roten“. Wie so viele in den 80er-Jahren fand er den Weg zu den Schwaben aus Cannstatt über „die Blauen“ aus Degerloch.
Sein erfolgreichstes Spiel für den Verein für Ballspiele absolvierte er dabei im Jahr 1992. Im letzten Bundesligaspiel der Saison 1991/92 köpfte er in der 86. Minute auf Flanke von Wiggerl Kögl (was für ein Name) das Siegtor vor mehr als 13.000 mitgereisten VfB-Anhängern, die das damalige Ulrich-Haberland-Stadion in ein Heimstadion verwandelt hatten. Dank der Schützenhilfe von Hansa Rostock gegen die Eintracht aus Frankfurt konnte der VfB zwar punktgleich mit Borussia Dortmund, aber aufgrund der besseren Tordifferenz Meister werden.
Heute kritisiert und damit nörgelt Guido Buchwald aber ab und zu gerne an seinem VfB „herum“, bei dem er überraschend 2019 all seine Ämter niederlegte. Aktuell ist aus seiner Sicht die Transferpolitik verfehlt und der Weg mit all den jungen Spielern nicht der Richtige. Vor allem in der Abwehr gebe es keine Konstanz und auch viel zu viele individuelle Fehler. Das hat er im Übrigen mit den Bruddlern aus dem „Bruddlerblock“ gemein. Bei den jeweiligen Gegentoren durch die Augsburger kam keiner der heutigen VfB-Abwehrrecken gut weg. Das Schimpfwort „Halbdaggl“ war da noch eines der besonneneren Art.
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Brägeln
Die Rote auf dem Grill brägelt oder brutzelt oft im eigenen Fett. Selbiges tut in gewisser Weise auch die Roten aus München. Ohne große Anstrengung und sich ausruhend auf einer hervorragenden Offensive konnte der FCB die „roten“ Unioner bezwingen. Damit wurde man auch seiner Favoritenrolle vollumfangreich gerecht. Dies wiederum vermochten die Hoffenheimer in Berlin nicht zu leisten. Sie gaben eher den perfekten Aufbaugegner für die Hertha. Bei drei Standards nicht richtig verteidigt und schon sind die CL-Träume wieder in weitere Ferne gerückt. Zugegebenermaßen präsentierte sich die Magath-Elf auch stark verbessert. All dies wird vor allem einem leidenschaftlichen Schotten zugesprochen. Der Assistenztrainer Mark Fotheringham schaffte es, die Hertha zu pushen. Keine besondere Taktik, sondern Einsatz und Leidenschaft ist, was er forderte. Und für wahr es funktionierte. Die Hertha ist erst mal wieder raus aus den direkten Abstiegsrängen.
Wie die gute alte Dame Hertha konnte sich auch Michael um genau einen Platz dank solider 13 Punkte verbessern. Damit hat er seine Tagessiegstatistik auf 4,33 Siege ausgebaut. Man könnte hier nur bemängeln, dass dieses „Können“ ihn über Platz 6 noch nicht hinausgebracht hat, heuer. Wahrscheinlich schimpft er darüber auch jedes Wochenende halblaut vor sich hin (wie das Württemberger halt so machen). André wiederum ist da durchaus effektiver unterwegs. Fast genauso viele Tagessiege, aber schon zweimal Platz 1 erobert. Mit spärlichen 4 Punkten machte er aber dieses Mal nur Rang 4 klar. Darüber kann man sich nun freuen oder auch schon mal selbst als „Reingeschmeckter“ halblaut ärgern.
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„6 Punkte Spiel“
Für den oben bereits erwähnten VfB geht es am kommenden Spieltag direkt weiter. Ein weiteres sog. 6 Punktespiel steht an. Zu Gast bei der Arminia auf der Alm. Für viele „Hardcore-VfB-Bruddler“ bedeutet dies einen erneuten Auslandseinsatz. Im Netz nennen sich die Bruddler übrigens lieber Influencer, Logensitzer, Whistleblower, Blockpaten, Allesfahrer, Elite-Twitterer und Premiumblogger. Sie alle haben aber eines gemeinsam: den roten Brustring am rechten Fleck, nämlich direkt über dem Herzen. Vielleicht hilft es dem Team und anstelle bruddeln zu müssen, kann gejubelt werden. Für die Bayern-Fans oder die Bochum-Fans werden es dagegen interessante Auslandsreisen ins Ländle. In Freiburg und in Hoffenheim wird sicherlich viel Stimmung aus dem Gästeblock kommen. Nicht aber so in Augsburg. Wenn Wolfsburg anreiste, ist der Gästeblock meist nur armselig besetzt. Darüber kann man sich als Schwabe schon einmal mokiera.
Euch ein bruddleentspanntes Wochenende
Euer Augsburger Bruddler
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