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Runde Ecke - Ausgabe #81

And the Oscar goes to….

Liebe Fußballprotagonisten,

die heutige überwiegend im Fußballinternat groß gewordene Generation, die sich bei den Brasilianern für ein 7:1 entschuldigt hat oder heute würde, scheint zu brav, zu anständig, zu langweilig zu sein. Dabei ist ein Fußballspiel ohne Schwalben wie ein Tatort, in dem alle bösen Protagonisten von Matthias Schweighöfer gespielt werden. Der Protagonist bezeichnet in der griechischen Tragödie den Darsteller der ersten Rolle. Heute wird unter Protagonist in Literatur und Film die Hauptfigur, der Held eines Romans, einer Erzählung oder eines anderen literarischen oder filmischen Werkes verstanden. Im Fall einer Schwalbe, mit dem Ziel einen Elfmeter zu „schinden“, wäre der sog. Hauptdarsteller dann der Initiator dieser Flugeinlage.


Der Ur-Vater der Schwalbenbewegung in Deutschland war Bernd Hölzenbein mit seinem gekonnten Einfädler im WM-Finale 1974. Durch dieses umstrittene Foul fand im Übrigen die Bezeichnung „Schwalbe“ Eingang in die niederländische Sprache. Ca. 20 Jahre später wurde Andi Möller zu seinem legitimen Nachfolger als Schwalbenprotagonist. Seine Schwalbe ist dabei noch berühmter und bekannt als die Schwalbe des 20. Jahrhunderts.


Alles geschah am 13. April 1995. Borussia Dortmund spielte gegen den Karlsruher Sportclub (KSC). Im Titelkampf 1995 brauchte die Borussia jeden einzelnen Punkt, als Dortmund an dem besagten 13. April mit 1:0 gegen den KSC hinten liegt, sieht Möller nur noch eine Chance, er lässt sich im gegnerischen Strafraum fallen, der Schiedsrichter gibt im Recht und die Borussen bekommen einen Elfmeter zugesprochen, die Gelb-Schwarzen glichen aus und drehten somit das Spiel.


Andreas Möller behauptete danach die ganze Zeit, dass sein Gegner ihn gefoult habe. Es gab heftige verbale Auseinandersetzungen zwischen Fans und Verantwortlichen der beiden Vereine. Am Ende der Saison wurden die Dortmunder Meister vielleicht auch durch diese eine kleine und einfache Schwalbe von Andreas Möller. Im Nachgang wurde er sogar verurteilt und bleibt damit der bis dato einzige Spieler, der vom DFB-Sportgericht nachträglich wegen einer Schwalbe gesperrt wurde.


Viel schlimmer war aber der Imageverlust für den Spieler. Den Makel seiner Schwalbe wurde er nie wieder los; auch als Timo Werner 2017 gegen Schalke eine filmreife Schwalbenvorstellung bot, wurde immer wieder an Möller erinnert. Winfried Schäfer, damals Trainer der Karlsruher, erinnert sich: "Überall, wo er hinkam, wurde er ausgepfiffen." Möller war für seine restliche Karriere, die 2004 endete, "schon gestraft genug". Aus Sicht des Protagonisten bleibt daher festzuhalten, das mit der Schwalbe ist eher so eine Art zweischneidiges Schwert!

Heulsuse Möller – gehört die Schwalbe zu einem richtigen Fußballspiel?

Handelfmeter

Am Wochenende wurden im Spiel Dortmund gegen Bochum gleich drei Handelfmeter vergeben. Der normale Schnitt pro Saison liegt bei ca. 12. Glaubt man dieser Statistik, dann wären allein 25 % aller Handelfmeter in einem Spiel zugesprochen worden. Aktuell muss aber die Statistik anderes aussehen. Denn in der Saison 2018/19 waren es schon insgesamt 30. Passenderweise war auch der 5000. gegebene Bundesliga-Elfmeter diese Saison ein Handelfmeter. Daher stelle ich hier einmal die steile These auf (ohne einen Beweis dafür im WWW finden zu können), dass man heute keine Schwalben mehr benötigt. Der Handelfmeter tut es auch. Was wiederum bedeutet, der neue wichtigste Protagonist eines Fußballspiels ist der „Handelfmeterverursacher“. Nämlich der, der den Ball an die Hand des Gegenspielers bringt.


Neben den vielen Handelfmetern gab es noch zwei späte Ausgleichstreffer, die rein rechnerisch Bielefeld und Stuttgart „am Leben“ hielten. Es darf noch gehofft werden und das ganz ohne (Hand)-Elfmeter. Nimmt man die Spielergebnisse und Leistung der beiden Klassenprimuse zur Hand, dann kann man sogar die Aussage von Felix Magath nachvollziehen. Er sprach offen und wohl kalkuliert von Wettbewerbsverzerrung, wenn die Großen im Endspurt nicht mehr ordentlich „Gas“ geben. Das ist fast schon wie eine Schwalbe, nur dass man eben nicht wirklich etwas provozieren muss. Der Gegner stellt von allein den Spielbetrieb ein.


Auch unsere Tipprunde stellte fast den Spielbetrieb ein. Es gab Protagonisten in unseren Reihen, die aus 9 Partien 2 Punkte erarbeiteten. Die breite Mitte landete bei 5-7 Punkten. Vereinzelt sprang eine 8 oder gar 9 heraus und der Tagessieg ging mit 10 Punkten an den Mann. Da müsste man doch meinen, dass sich dann auch nicht viel in der Tipptabelle tut. Pustekuchen! Erst genannter Protagonist mit seinen 2 Punkten verlor ebenso 2 Plätze. Einige andere wagten einen Schritt nach oben. Hauptdarsteller dieser Runde und damit Preisträger wurde F7K. Immerhin schon seine vierte Auszeichnung in der laufenden Saison!

Rein ins Glück – Handelfmeter, Sieg und Klassenerhalt - Bochumer Feiertage bis zur nächsten Saison

Vorschlussrunde

Wer gewinnt am nächsten Wochenende den Oscar? Sollten besagte Stuttgarter gegen die Bayern wirklich leichtes Spiel haben? Dies und noch viel mehr steht auf dem Spiel. Und tatsächlich, für Freiburg und Union Berlin sind im direkten Duell noch einige Frage offen. Wird es die Champions League oder die Europa League? Oder wird es die Europa League oder die Conference League? Auch Leipzig wird beim Empfang von Augsburg die gleiche Frage wie die Freiburger beantworten müssen. Die Kölner wiederum könnten fast noch besser alle drei Wettbewerbe einkalkulieren. Vor gefühlt 200.000 Zuschauern werden die auswärtsschwachen Wölfe zu kämpfen haben. Gleiches gilt für die o.g. erwähnten Stuttgarter. In München, am Tag der Meisterschalenübergabe, wird viel für die Brustringer passen müssen, damit etwas Zählbares dabei herausspringt. Vielleicht mittels eines gekonnten Einfädlers oder eben Handelfmeters?


Ein ehemaliger Bayernspieler, der den Oscar in der Kategorie Schwalbe sicherlich mehrmals gewonnen hätte (oder besser hat) war der fast schon fallsüchtige Arjen Robben. Und dies vorwiegend wegen seiner schauspielerischen Leistungen. Es gibt eine wichtige Komponente, um Stunts in einem Film glaubwürdig erscheinen zu lassen. Dabei ist vor allem das Spiel des Schmerzes, der Ausdruck von Pein entscheidend. Wie Robben immer das Gesicht verzog, war oftmals schauspielerisch famos. Das sah zwar immer gleich aus, aber man konnte damit durchkommen. Robert De Niro spielte letztlich auch alles gleich.


Euch ein dramaturgisch oscarreifes Wochenende


Euer Fußballantagonist

Flugshow à la Arjen Robben, dem ungekrönten Schwalbenkönig (aller Zeiten) und „Oscar“-Preisträger. Man beachte selbst die Beine sind in Schwalbenform gespreizt